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Das schrieb die Zeitschrift Motorrad am 25. Juli 1987

UNTER ZUGZWANG

Jahrelang war die GPZ 600 R von Kawasaki der Favorit der Mittelklasse. Bis Honda die CBR 600 auf den Markt brachte.

Die Antwort auf diese Herausforderung heißt GPX.

Die Kawasaki GPZ 600 R ist ein gutes Motorrad. Und zugleich eines der meistverkauften Modelle dieser Marke in Deutschland. Warum sollte der Hersteller in Japan also etwas ändern? Ganz einfach. Die GPZ 600 R hat Konkurrenz  bekommen. Die CBR 600 von Honda rüttelt als handliches Kraftpaket seit Beginn dieses Jahres heftig an der Vormachtstellung der Kawasaki. Außerdem mischt in den USA inzwischen die Yamaha FZ 600 im Wettbewerb der sportlichen Mittelklasse mit. Vor allem im Fahrverhalten und, wenn auch nur geringfügig, in Sachen Höchstleistung ist die Kawasaki GPZ 600 R ins Hintertreffen geraten. Eine Überarbeitung war angesagt. Das Ergebnis heißt GPX.

Am neuen Stahlrohrrahmen führen die Hauptrohre über dem Motor nach hinten. Dadurch können Vollverkleidung und Kraftstoffbehälter schmaler ausfallen als beim bisherigen Modell, wo die Hauptrahmenrohre sich noch rechts und links in höhe des Zylinderkopfs vorbeischlängelten. Gleichzeitig konnte die Sitzhöhe um eine Zentimeter reduziert werden. Der Radstand ist mit 1,44 Metern allerdings ebenso unverändert wie auch der 63 Grad Lenkkopfwinkel des bisherigen Modells. Der Nachlauf veringerte sich allerdings von 97 auf 91 Millimeter.

Um Leistungsmäßig mit der Konkurrenz gleichzuziehen, als Maßstab galten die 85 PS der Honda CBR 600, wurden nicht nur die Steuerzeiten geändert, sondern auch die Verdichtung von 11 auf 11,7 erhöht. Ansonsten netspricht der neue GPX 600 R-Motor im Aufbau dem Motor der ehemaligen GPZ 550, von dem auch die Kupplung stammt. Um das höhere Drehmoment zu verkraften, wurde allerdings das Primär Übersetzungsverhältnis erhöht.

Nach wie vor ist der Motor um Vibrationen weitgehend auszuschalten, in Silentblöcken aufgehängt. Ein nennenswertes Kribbeln, viel mehr ist es nicht, wird daher erst spürbar, wenn die Drehzahl sich dem roten Bereich ( ab 11.000/min. ) nähert.

Wegen der geringeren Schwundmassen wirkt der GPX-Motor sehr lebendig, dreht blitzschnell und zeigt beim Gaswegnehmen starke Bremswirkung. Er läuft trotz der mit 32 Millimeter für einen Vierzylindermotor mit 148 cm³ Einzelhubraum recht großen Vergaser auch bei niedrigen Drehzahlen sauber, wenngleich erst ab 4000/min ein deutlich fühlbarer Schub ensetzt. Vom Vorgängermodell geblieben ist das turbinenartige Arbeitsgeräusch des flüssigkeitsgekühlten Reihenvierzylinder-Motors.

Das Sechsganggetriebe paßt gur zur Leistungs- und Drehmomententfaltung des Motors. Im Vergleich zum bisherigen Modell hat die neue spürbar an Durchzugskraft im mittleren Drehzahlbereich zugelegt. Schon ab etwas der halben Nenndrehzahl packt der Motor ordentlich zu. Durch die reduzierte Sitzhöhe fühlt sich der Fahrer perfekt in die Maschine integriert, wenngleich die Fahrerfußrasten für eine rennmäßige Haltung zu weit vorne liegen. Sobald die Körpergröße 180 cm übersteigt, sind sie außerdem zu hoch angeordnet, deswegen taugt die Haltung auch nicht für Tourenfahrten.

Gegenüber dem Vorgängermodell konnte das Trockengewichtder neuen GPX 600 R von 204,5 auf 195 kg gesenkt werden, was genau dem Gewicht der CBR 600 entspricht. Während sich die knapp 10 kg in Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit weniger dramatisch auswirken (für 220 km/h ist die GPX allemal gut), so hat die Hnadlichkeit der Maschine nach der Werksdiät enorm zugenommen.

Mühelos läßt sich die Maschine durch alle Arten von Kurven lenken. Das Motorrad fährt sich wirklich äußerst handlich und zeigt dabei eine mustegültige Spurhaltung, solange sich die Kurvenhatz auf Landstraßenlevel hält oder allenfalls etwa 150 km/h Kurvengeschwindigkeit erreicht.Zweifellos hat der Herrsteller dieses Modell fast kompromisslos auf Handlichkeit ausgelegt.Denn sobald die ersten langen Geraden oder langgezogenen Kurven auftauchen, die mit mehr als 160 km/h Genommen werden, wird die GPX nervös  udn zeigt Unruhen im Fahrverhalten. Die Hochgeschwindigkeitsstabilität einer Honda CBR 600 erreicht sie jedenfalls nicht. Möglicherweise bringen andere Reifen als die japanischen Dunlop etwas Besserung.

An den bisherigen GPZ 600 R Modellen viel die Feder - und Dämpferabstimmungwohl zu hart aus. Allerdings scheint sich Kawasaki über diese Kritik nach wie vor erhaben zu fühlen.Denn die Federelemente der GPX sprechen selbst mit einem 85  kg schweren Fahrer bei leichten Schräglagen nur ungenügend an. Zu der harten Feder des hinteren Federbeinsaddieren sich auch noch ein Dämpfer, der in der Druckstufe eben so hart arbeitet. Bei Unebenheiten verliert das Hinterrad gelegentlich sogar den Bodenkontakt. Auch die Teleskopgabel zeigt übertriebene Härte udn bei  holpriger Fahrbahn hilft nur kräftiges Festhalten an den beiden Lenkerstummeln und Gas wegnehmen.

Unter den harten Federelementen leidet natürlich der Fahrkomfort auf längeren Strecken weil Fahrbahnunebenheiten bis zu Lenker durchdringen. Während das luftunterstützte Federbein hinten am besten ganz weich eingestellt wird, fehlen an der Teleskopgabel, vom Antidive abgesehen, solche Justierungsmöglichkeiten. Ob sie freilich nutzen, falls Kawasaki bis zur Markteinführung der GPX 600 R in Deutschland die Feder- udn Dämpferabstimmung noch ändern sollte, bleibt abzuwarten. Ein Motorrad kompromisslos auf Handlichkeit und Motorleistung zu trimmen, ist auf jeden Fall ein gewagter Versuch.

 

 

 


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